2. Inspekteurbrief zur Binnenoptimierung Einsatzkräfte Heer
Über die grundsätzliche Absicht, die Einsatzkräfte des Heeres schrittweise an die neue Auftragslage anzupassen, habe ich Sie in meinem Inspekteurbrief vom 14. Juni 2022 informiert. Das Veränderungsmanagement ist strukturell aufgebaut, die Online-Informationskanäle sind etabliert.
Mit der ministeriellen Billigung des ersten Anpassungsschrittes vor wenigen Tagen ist damit der Startschuss gegeben. In der letzten Woche habe ich den Verteidigungsausschuss umfassend über die ersten strukturellen Anpassungen im Rahmen der Umsetzung des Zielbildes Einsatzkräfte Heer informiert und die Dringlichkeit der strukturellen Veränderungen im Heer erläutert. Es geht jetzt darum, in den Großverbänden des Deutschen Heeres auf Divisions- und Brigadeebene Strukturen zu schaffen, die strukturell zum Gefecht der verbundenen Waffen befähigt sind. Damit schaffen wir eine der wesentlichen Voraussetzungen für das schrittweise Erreichen der Einsatzbereitschaft im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung.
Sowohl bei der Erstellung des Zielbildes Einsatzkräfte Heer als auch bei dem zeitlichen Ablauf der anstehenden strukturellen Maßnahmen steht die Erfüllung des Auftrages und die Funktionalität der Strukturelemente im Vordergrund. Dazu ist mit Blick auf die verfügbaren Ressourcen eine Schwerpunktsetzung unausweichlich.
Wesentliche Taktgeber der jetzt zunächst anstehenden Maßnahmen sind damit die schnellstmögliche Verfügbarmachung einer aufwuchsfähigen Brigade für Litauen und die Aufstellung einer einsatzbereiten Division bis 2025.
Die ambitionierten Zeitlinien bis zum Herstellen der Einsatzbereitschaft bestimmen dabei die organisatorischen Maßnahmen. Die erforderlichen Organisationsweisungen werden nach dem erforderlichen Beteiligungsprozess zum frühest möglichen Zeitpunkt der Truppe zur Verfügung stehen. Sämtliche strukturellen Veränderungen werden in einem Realisierungsplan zusammengefasst, damit jede Soldatin und jeder Soldat sowie die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich darüber informieren können, welche strukturellen Veränderungen zu welchem Zeitpunkt durchgeführt werden.
Mir ist wichtig zu betonen, dass die vor uns liegenden Herausforderungen nur durch das Zusammenspiel und den Teamgeist aller Großverbände und Verbände des Heeres zu bewerkstelligen sind. Alle sind betroffen, es gibt keine Ruhezonen. Am Ende dieser Anstrengung sollen alle Einsatzkräfte besser für die Auftragserfüllung im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung strukturell ausgerichtet und materiell befähigt sein.
Mit der Herausgabe der Organisationsweisung wird formal der Startschuss gegeben, um am 1. April 2023 planmäßig die Ablauflinie zu überschreiten. Dabei werden zunächst die Kampftruppenverbände neu zugeordnet, um bereits in der Grundstruktur zukünftige Einsatzstrukturen abzubilden. Diese Maßnahmen erfordern zunächst keine strukturellen Veränderungen innerhalb der betroffenen Verbände. Zusammengefasst bedeutet dies:
- die Strukturelemente, die nicht zum Kräftedispositiv der Division 2025 zählen und auch im Zielbild nicht der 10. Panzerdivision zugeordnet sind, werden in die Zielbrigaden, bzw. Divisionen neu unterstellt; damit wird die Gebirgsjägerbrigade 23 dem Verbund der leichten Kräfte in der Division Schnelle Kräfte zugeordnet,
- die schweren Kampftruppenbataillone werden in der Panzerlehrbrigade 9, der Panzerbrigade 12 und der Panzergrenadierbrigade 37 konzentriert,
- das Zusammenführen der Jägerbataillone der 1. Panzerdivision in der Panzerbrigade 21 bildet den Einstieg in die neue Kräftekategorie mit einer Brigade „Mittlere Kräfte‘‘.
Nach intensiver Abstimmung im Führungskreis des Heeres habe ich festgelegt, zum 1. April 2023 folgende Unterstellungswechsel zu vollziehen:
- die Gebirgsjägerbrigade 23 von 10. Panzerdivision zu Division Schnelle Kräfte,
- das Jägerbataillon 91 von Panzerlehrbrigade 9 zu Panzerbrigade 21,
- das Panzerbataillon 203 von Panzerbrigade 21 zu Panzerlehrbrigade 9,
- das Panzergrenadierbataillon 212 von Panzerbrigade 21 zu Panzergrenadierbrigade 37,
- das Panzerbataillon 363 von Panzergrenadierbrigade 37 zu Panzerbrigade 12.
Der Unterstellungswechsel des Jägerbataillons 413 erfolgt von Panzergrenadierbrigade 41 zu Panzerbrigade 21 zeitversetzt zum 1. Oktober 2023 nach Abschluß des Einsatzes des Verbandes im Rahmen der enhanced Vigilance Activities in Litauen.
Die nächsten Fein- und Grobstrukturanpassungen zur Schaffung der Divisionstruppen der 10. Panzerdivision und zur Ertüchtigung der Panzerbrigade 12 und der Panzergrenadierbrigade 37 werden in einem Folgeschritt, nach Vorliegen der ministeriellen Billigung, ab 1. Oktober 2023 erfolgen.
Insgesamt zeigen diese Schritte, dass die Zeitenwende im Heer angekommen ist und wir die erforderlichen Schlussfolgerungen ziehen.
Vor uns stehen große Veränderungen im Heer, die jeden Einzelnen und jede Einzelne über kurz oder lang betreffen werden. Diese Veränderungen werden aber nur zur Einsatzbereitschaft führen, wenn wir auch ausreichend Menschen für die vor uns stehenden Aufgaben gewinnen und für den gemeinsamen Auftrag begeistern. Mein besonderes Augenmerk gilt daher derzeit den hohen „Abbrecherquoten‘‘ in der Grundausbildung und Spezialgrundausbildung. Hier sind wir alle gefordert, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die jungen Menschen, die sich für den Dienst am Vaterland entschieden haben, aufzunehmen, auszubilden und in die passende Verwendung zu führen. Hier können wir mit Fingerspitzengefühl und klaren Blick für die Bedeutung eines leistungsstarken Nachwuchses noch besser werden! Wir werden uns mit diesem Thema in den nächsten Wochen noch intensiv gemeinsam beschäftigen.
Die vor dem Hintergrund der realen Bedrohung erforderliche Einsatzbereitschaft des Heeres gelingt nur, wenn materielle Ausstattung, strukturelle Maßnahmen und das Personal ineinandergreifen. Dazu müssen wir alle gemeinsam beitragen, jeder auf seiner Ebene. Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann. Alle gemeinsam! Wir sind das Heer!
(Anm d. Red.:):
Die persönliche Ansprache von Generalleutnant Alfons Mais an die Soldaten wurde im Beitrag entfernt.